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Florian Favre Trio / URsprüngliche Musik!

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Verglichen mit ihrer Einwohnerzahl bringt die Schweiz seit Jahren bemerkenswert viele Jazztalente hervor. Und nicht wenige der dortigen Musiker eröffnen dem Genre durch individuelle Ideen neue Perspektiven. Auch der 1986 im französisch sprechenden Fribourg geborene Florian Favre gehört zu diesen hellsichtigen Charakteren. Seine neue Produktion mit dem Titel "UR" ist bei dem Label Traumton Records erschienen. 

"Ur" - die Lust, sich auf die reine Musik zu konzentrieren 
Mit geradezu archaischer Anmutung kommt das Florian Favre Trio um die Ecke marschiert. Zuerst ist da nur ein etwas holpriger aber kräftiger Rhythmus, dann steigt nach ein paar Takten aus den tiefen Registern des Klaviers eine Melodie auf. Für den Titelsong der neuen CD brauchte Florian Favre nur zwei Buchstaben: UR. Der in der französischen Schweiz geborene Pianist dachte dabei an die gewichtigen Vorsilben von ursprünglich oder urwüchsig. 
Für die Produktion beim Label Traumton Records hat sich das Florian Favre Trio noch einmal neu formiert. Zu dem Gründer und Namensgeber am Klavier und Manu Hagmann am Bass stieß mit Arthur Hnatek am Schlagzeug ein neuer Impulsgeber hinzu. Eher zufällig während einer Session hat sich so ein Trio von wirklich außergewöhnlichem Format gefunden. 

"Ich finde einfach unglaublich, dass man mit so wenig Buchstaben etwas was so kräftiges und tiefes ausdrücken kann. Diese Effizienz hat man in der französischen Sprache leider nicht. Es zeigt die Lust, sich auf die reine Musik zu konzentrieren, ohne große, künstliche Tricks zu benutzen. Die Musik, die wir machen, bezieht sich auf das, was wir sind. Unsere Herkunft, unsere Geschichte, unsere Erfahrung, unser 'UR'. " Florian Favre 

Keine ellenlangen Soli, sondern hohe Qualität des musikalischen Materials 

"Ich glaube, es ist ein sehr demokratisches Trio. Jeder führt, jeder hat seinen Platz, manchmal führen aber auch mehrere Leute zusammen. Wir sind ziemlich weg von diesem Gedanken 'Begleitung – Solist' und es kommt wirklich darauf an, was man erzählen will. Aber jeder ist gleichberechtigt natürlich." Florian Favre 

Alle Stücke der Produktion hat Florian Favre komponiert. Ganz im Gegensatz zu vielen anderen Veröffentlichungen wird hier nicht mit sattsam bekannten Jazz-Floskeln hantiert. So rennt zum Beispiel niemand mit einem ellenlangen Solo dreimal um den Block. Konzentration auf das Wesentliche, Stringenz in der Ausführung und hohe Qualität des musikalischen Materials fallen sofort auf. Kein Wunder, denn der Pianist hat neben Jazz auch Komposition studiert. 

"Und ich glaube, das war die beste Sache, die ich je gemacht habe. Wenn man Komposition studiert, dann geht man wirklich zum Ursprung der Musik, zu den Motiven und der Entwicklung dieser Motive. Es ist so bereichernd, ich bin sehr stolz bin, dass ich das gemacht habe. Es hat mir sehr geholfen, ein anderes Verständnis für die Musik zu entwickeln." Florian Favre 

"Hyperactivité Nocturne" 
In den Stücken des Trios kulminieren die unterschiedlichsten Einflüsse aus der Kunstmusik und der Avantgarde zu etwas Neuem, Hochspannendem. So hat der Schweizer etwa sein "Hyperactivité Nocturne" in einer einzigen, unruhigen Nacht niedergeschrieben. 

"Ich hatte wirklich so viele Gedanken im Gehirn, dass ich keinen einzigen dieser Gedanken fassen konnte. Ich habe entschieden, nicht zu schlafen und gleich dieses Stück zu schreiben, wo vieles und viel zu viel passiert." Florian Favre 

Die Produktion "UR" mit dem Florian Favre Trio schüttet über dem Zuhörer ein reiches Füllhorn aus. Ein Trio, das gleichermaßen György Ligeti wie Hip Hop oder elektronische Musik auf dem Schirm hat, gibt hier ein Statement ab, das weit über den Tellerrand der Jazz-Fraktion hinausragt. 


Georg Wassmuth
Swr.de / 6 mai 2016

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www.manusound.net